„Ach, der nächste Managementtrend. Schon wieder eine Umstrukturierung? Der dritte Chefwechsel in zwei Jahren – bringt doch eh alles nichts. Und – mir ist egal, wer unter mir Chef ist. “
Kennen Sie diese Sätze? Vielleicht haben Sie sie schon mal gedacht, gehört oder selbst gesagt. Das, was da durchklingt, ist mehr als Frust oder Unzufriedenheit. Es ist Zynismus – die vielleicht eleganteste Strategie, um mit einer scheinbar aussichtslosen Situation umzugehen. Doch warum entsteht Zynismus? Warum ist er so ansteckend? Und: Was tun, wenn er zum Dauerzustand wird?
Warum Zynismus entsteht
Zynismus ist nicht die Ursache, sondern das Symptom. Er entsteht, wenn Menschen wiederholt die Erfahrung machen, dass ihre Ideen, Anstrengungen und Hoffnungen ins Leere laufen:
– Die 20. Umstrukturierung: Das Wechselspiel zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung wird gerne auch von der Einführung mehrdimensionaler Matrix-Strukturen ergänzt. Nichts weiter als das Verschieben von Symptomen.
– Der x-te Chefwechsel: Der Neue bringt eventuell Lösungen und Ideen, und zusätzlich neue PowerPoint-Folien.
– Der nächste Managementtrend: Einmal durchs Dorf getrieben, um dann still zu verschwinden. Und zumeist erinnert er an etwas, dass es schon gab.
Zynismus ist die Reaktion auf ständige Handlungsbeschränkungen, die scheinbare Belanglosigkeit der eigenen Arbeit und die Erkenntnis: „Das bringt eh nichts.“
Der Komfort von Zynismus
Zynismus fühlt sich überraschend gut an. Warum? Weil er entlastet. Wer zynisch ist, nimmt sich selbst aus der Verantwortung. Und das Beste: Zynismus verbindet. Gemeinsam über „die da oben“ zu schimpfen, schafft eine Gemeinschaft der „Aufgeklärten“. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich der Zynismus gegen die Führung, HR, die Zentrale, die Politik oder „die Sprachpolizisten“ richtet.
Doch Achtung: Zynismus ist auch ein Luxusproblem. Er gedeiht in Organisationen, die sich lange in der Komfortzone des Erfolgs befunden haben. Erst diese Trägheit und die damit verbundene Bürokratie bieten ihm den perfekten Nährboden.
Wo Zynismus okay ist – und wo nicht
Es gibt Orte, an denen Zynismus seinen Platz hat:
– Am Stammtisch: Hier kann er ein Ventil für Frust sein.
– In der Umkleidekabine: Ein bisschen Lästern schweißt zusammen.
Doch in Meetings, im Führungsteam oder als allgemeine Grundhaltung? Gift. Zynismus ist hochtoxisch, weil er jede Veränderungsenergie erstickt. Er sorgt für Passivität und lähmt Organisationen.
Ist Zynismus die aktive Variante von Resignation?
Eine spannende Perspektive. Resignation ist passiv – man gibt auf. Zynismus hingegen hat eine aktive Komponente: Er schützt, grenzt ab und gibt das Gefühl, über den Dingen zu stehen. Doch das Problem bleibt: Zynismus führt nicht zu Lösungen. Es fehlt ihm die Produktivität, der Antrieb, etwas zu verändern.
Was tun gegen Zynismus?
Wenn Zynismus die Atmosphäre vergiftet, gibt es zwei Optionen:
1. Verlassen Sie die Situation:
Wenn Sie in einer Umgebung stecken, die Zynismus nährt, und keine Veränderung möglich ist, kann es sinnvoll sein, zu gehen. Suchen Sie sich eine Organisation, die Ihnen wieder Sinn gibt. Aber Vorsicht: Wie in jeder Beziehung nehmen Sie sich selbst – und Ihre Muster – mit.
2. Ändern Sie Ihre Perspektive:
Wenn Sie bleiben wollen, hören Sie auf zu jammern. Beschäftigen Sie sich mit Themen, die Ihnen Sinn geben – sei es beruflich oder privat. Oft hilft es, sich aus der eigenen Zynismus-Schleife zu befreien, indem man mit einem ernsthaften Gesprächspartner reflektiert (nein, es muss kein Therapeut sein).
—
Ein Lichtblick: Der Weg aus der Zynismus-Falle
Zynismus entsteht, wenn wir uns machtlos fühlen. Der Ausweg liegt darin, wieder Handlungsfähigkeit zu gewinnen:
– Entlarven Sie Bürokratie: Bürokratie erstickt Innovation. Suchen Sie Wege, sie zu reduzieren – sei es in Ihrem Team oder Ihrer Organisation.
– Fokussieren Sie sich auf produktive Arbeit: Was bringt wirklich Wert – für Kunden, Kollegen oder das Unternehmen?
– Hinterfragen Sie Strukturen: Warum scheitern Ideen? Oft sind es nicht die Menschen, sondern die Prozesse, die blockieren.
– Ermöglichen Sie echten Dialog: Ein Teammeeting, das keine echten Probleme anspricht, lädt den Zynismus ein. Sorgen Sie für Offenheit, Klarheit und echte Gespräche.
Zynismus ist ein Weckruf
Zynismus zeigt an, dass etwas schiefläuft – nicht nur bei Einzelnen, sondern im System. Er ist ein Symptom, das zum Nachdenken einlädt. Doch er darf kein Dauerzustand werden. Denn Zynismus schützt zwar, löst aber nichts.
Stellen Sie sich die Frage: Was könnte entstehen, wenn wir die Energie des Zynismus in echte Veränderung umwandeln?